Altbewährte Management-Methoden wie Optimierung, Effizienzsteigerung oder Management by Objectives sind an ihre Grenzen gestoßen. Gesunde Führung braucht mehr. Eine Neuorientierung ist nötig, die die Menschen und ihre Ressourcen mit in ihr Konzept einbezieht.

Die gesamte Welt befindet sich im Umbruch. Alte Systeme sind noch nicht abgestellt, die neuen sind noch gar nicht existent, und dazwischen findet die Wirklichkeit statt. Diese Transformation ist wie ein Geburtsvorgang zu verstehen. Die Geburt geht mit Schmerzen einher. Um den Prozess zu begleiten, braucht es im übertragenen Sinne Geburtshelfer; Hebammen, die die neue Lebendigkeit auf und in die Welt bringen. Dies gilt auch für die Unternehmen, in denen Menschen arbeiten.

Die sich rasant ändernde Welt hat Auswirkungen auf Firmenkultur und Führung. Sind die von Peter Drucker favorisierten Führungsparadigmen aus dem letzten Jahrhundert, wie zum Beispiel „Management by Objectives“, noch zeitgemäß oder gehören sie in die Museumsvitrine? Viele Mitarbeiter sind unzufrieden mit Ihren Chefs. Getrieben von Terminen geht den Führungskräften eine Orientierung für das wirklich Wichtige verloren.

Unternehmensberater haben in der Regel einen speziellen Blick auf Unternehmen, vergleichbar mit dem Blick des Arztes auf seine Patienten. Beide, Berater und Arzt, schauen sich die Strukturen und Funktionsabläufe an und suchen nach den Schwachstellen. Aufgrund der gestellten Diagnose verschreibt der Arzt ein Medikament, damit das Symptom verschwindet. Berater gehen ähnlich vor, sie überprüfen Kennziffern und Abläufe und Beraten ihre Kunden dahingehend, dass die Abläufe optimiert bzw. effizienter gesteuert werden. Diese defizitorientierte Vorgehensweise verschafft möglicherweise eine vorübergehende Linderung des Leidens, ist jedoch weder langfristig noch nachhaltig aufgesetzt. Doch ob solche kurzfristigen Maßnahmen einen nachhaltigen Erfolg nach sich ziehen, ist fragwürdig. Wobei der Begriff „nachhaltig“ eher unter ökologischen und ökonomischen Aspekten verstanden wird – selten wird darunter auch der soziale Aspekt gesehen, der die menschlichen Ressourcen betrachtet.

Menschen sind unser wichtigstes Kapital

Hohe Arbeitslosenzahlen verunsichern die Menschen, Existenzängste treiben viele in die Burnoutfalle, die Selbstfürsorge bleibt auf der Strecke. In Zeiten des Wandels ist ein verändertes Führungsverhalten nötig, das Vertrauen in seine Mitarbeiter setzt, statt die Ausbeutung der Ressource Mensch voranzutreiben.

Dies gerät gerade in unseren hochindustrialisierten Ländern leicht aus dem Blick. Nicht nur Erwartungen von Vorgesetzten und Kollegen erhöhen den Druck auf den jeweiligen Mitarbeitenden – unabhängig von der hierarchischen Position. Auch die hohen Arbeitslosenzahlen, die Angst vor dem eigenen sozialen Abstieg und die Auswirkungen auf familiäre Situationen lassen den Krankenstand drastisch sinken und die Selbstfürsorge der Arbeitnehmer in den Hintergrund geraten. Das Resultat: Gerade das, was vermieden werden soll, tritt ein: Viele Arbeitnehmer fallen wegen Burnoutsymptomen aus. Ein Ergebnis, das keinem nützt.

Auswirkungen von Burnout

Das Burnout-Syndrom hat Auswirkungen auf die Gesundheit der Mitarbeitenden und die Profitabilität von Unternehmen. In meinem Buch „Wege aus dem Burnout“ (Mannheim, 2006) habe ich die individuellen Dimensionen des Ausbrennens beleuchtet. In meinem Buch „Gesunde Führung statt Burnout“ gehe ich einen Schritt weiter und betrachte die unterschiedlichen Dimensionen des Burnout-Syndroms mit der Intention, die Selbstheilungskräfte der Unternehmen systemisch und lebendig zu (re-)aktivieren, damit die Mitarbeitenden statt krank zu werden, wachsen und mit ihren Potenzialen zum gesunden Wachstum der Unternehmen beitragen können.

Viele Managementansätze konzentrieren sich noch immer auf messbare Faktoren wie Kennzahlen, auf Effizienz oder die Erhaltung einer stringenten Aufbau- und Ablauforganisation. Sie denken noch immer in „Abteilungen“. Dieser Begriff kommt aus der Zeit der Lehnherrschaft und bedeutet „sich abteilen“. Doch abgeteilte Mitarbeitende sind nicht mehr Teil des Gesamtprozesses – Silodenken ist die Folge.

Solche Systeme funktionieren gut, wenn die Umgebung stabil ist. In Phasen der Veränderung braucht es jedoch eine grundsätzliche Änderung auch des Führungsverhaltens. Selten wird jedoch über den Tellerrand des eigenen Unternehmens hinaus geschaut.

Ein anderes Management-Problem ist, dass noch immer langjährige Mitarbeitende oder Fach-Experten zu Vorgesetzten gemacht werden. Doch viele haben nicht gelernt zu führen. Sie sind Spezialisten für Zahlen, Daten und Fakten, aber selten darin, Menschen zu begeistern. Nach einem Vortrag zum Thema Lebendige Führung sprach mich ein Personalchef eines internationalen Konzerns an. Wir diskutierten über die Notwendigkeit neuer Führungsparadigmen, die die Menschen wieder ins Zentrum rücken. Über die Ausbildung der „Master of Business Administration“-Studiengänge äußerte er sich nur lapidar: „Wir züchten uns Verwaltungsexperten, ohne dabei das Potenzial der Menschen zu sehen“.

Menschen in den Teams eines Unternehmens sind wie Zellen eines Organismus. Mit eigener Identität ist jeder auch Teil des Ganzen. Diese Eigenschaft im Sinne der Selbstähnlichkeit haben auch alle anderen Bestandteile und Organe eines Organismus. Die Schöpfung ist weiser als wir sie mit unserem analytischen Verstand zu verstehen versuchen. In jedem Atom lässt sich das ganze Universum abbilden. In jeder Zelle befindet sich der Bauplan für den gesamten Organismus. So gibt es auch eine Selbstähnlichkeit zwischen den Mitarbeitenden und der Organisation, in der sie arbeiten.

Jede Zelle grenzt sich durch eine Zellwand ab und ist doch Teil des Organs. Jedes Organ hat eine Membran, die es zu einer Einheit werden lässt und gehört selbst zu einem größeren Verbund. Der Ansatz dieses Buches geht von den gegenseitigen Rückkoppelungen zwischen den Zellen, Geweben und dem Gesamtorganismus aus und zeigt Wege auf, wie komplexe Systeme sich selbst organisieren und dynamisch weiterentwickeln.

Unsere Gesellschaft ist im Wandel. Alte Strukturen brechen auf. Zementierte Grundsätze, die über viele Jahre galten, beginnen zu bröckeln. Wir erleben eine Krise in der Finanzwelt, in der Wirtschaft und in der Gesellschaft. Die Gier und die Macht der Finanzbosse haben große Wunden in Dimensionen wie Vertrauen und Wertschätzung geschlagen. Die neueste Forsa-Studie belegt, dass den Managern von Unternehmen nur noch in 18 Prozent vertraut wird.

In vielen Workshops und Einzelcoachings habe ich Führungskräfte befragt, was ihnen auf dem Herzen liegt. Die Angaben sind nicht statistisch signifikant, da nur 357 Führungskräfte in unterschiedlichen Unternehmen verschiedener Größe befragt wurden. Dennoch ergibt sich ein erstaunliches Stimmungsbild. Häufig kam es zu folgenden Äußerungen:
– Mein Beitrag ist nicht erwünscht.
– Ich fühle mich gehetzt und fremdbestimmt.
– Ich kann hier sowieso nichts ändern.
– Meine Freiheitsgrade werden immer kleiner.
– Ich fühle mich innerlich leer.
– Ich wünsche mir mehr Anerkennung und Wertschätzung.
– Hier wird viel Wind um nichts gemacht.
– Ich fühle mich nicht mehr dazugehörig.
– Ich brauche mehr Freiraum.
– Wir kontrollieren uns zu Tode und machen alles richtig, aber nicht das Richtige.

Nur circa 20 Prozent der befragten Führungskräften gab an, dass die in den Leitlinien genannten Werte wie Vertrauen, Wertschätzung, Integrität, Verantwortung tatsächlich gelebt werden. Über 65 Prozent der Führungskräfte machten klar, dass sie Freiheitsgrade in der Ausübung ihrer Tätigkeit brauchen. 80 Prozent der Befragten sagten, dass ihnen erst der Sinn einer Aufgabe vermittelt werden muss, um leistungsbereit zu sein. Interessanterweise äußerten 25 Prozent, dass die Führungsmaßnahmen immer dann wirkungsvoll waren, wenn ein Veränderungsprozess initiiert wurde, bei dem die Mitarbeitenden mitgenommen wurden.

Leistung, die Leiden schafft

Führungskräfte sind meist Opfer und Täter zugleich. Karrierregeleitet versuchen sie ihre Aufgaben überzuerfüllen und sehen nicht mehr, wie sehr sie sich und ihre Mitarbeiter damit belasten. Das Ergebnis: Stress und Verhärtung führen zu Krankheit, zu Aggressionen oder Mobbing, von den Kosten, die dieses Verhalten verursacht, ganz zu schweigen.

So manche High-Potential-Karriere, die im Turbo-Tempo auf der Überholspur startete, endet mit einem emotionalen Zusammenbruch auf der Standspur des Lebens. Beseelte Arbeit wäre sinnvoller statt nach noch mehr Anerkennung zu schielen. Enormer Stress wird aufgebaut, wenn leitende leidende Angestellte versuchen, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen, innere Überforderung ist das Resultat.

„Over stressed and under valued“ ist ein globales Phänomen der hochmotivierten und flexiblen Hochleistungsträger, deren nimmer sattes Ego täglich neu genährt werden will. Für Führungskräfte kann es ganz schön anstrengend sein, herauszufinden, dass es außer ihrer Arbeit noch etwas anderes im Leben gibt.

Die Enttäuschung der Over-Committer ist dann vorprogrammiert, wenn die ersehnte Anerkennung für die massive Anstrengung in den exzessiven Überstunden – auch in Form finanzieller Entlohnung – nicht entgegengebracht wird. Wissenschaftlich ausgedrückt, handelt es sich dabei um eine Gratifikationskrise (Effort-Reward-Imbalance).

Kennen Sie das auch?

Die ganze Woche perfektionistisch Vollgas geben, Deadlines einhalten, Überstunden leisten, bis in die Nächte und an den Wochenenden E-Mails beantworten, mit letzter Reserve den Freitag überstehen, erschöpfter Schlaf am Wochenende, keine Lust mehr auf Freizeitaktivitäten und bei Urlaubsbeginn dann krank werden. Der durch das zu viele Wollen, Müssen und Machen induzierte Raubbau an den eigenen Energien ist keine Voraussetzung für gute Arbeit, sondern die Weichenstellung in Richtung eines Burnout-Syndroms.

Dauerbelastungen, Hektik, Druck, Angst und Verunsicherung können gerade in Zeiten von Umstrukturierungen in Unternehmen nicht zu Höchstleistungen der Mitarbeitenden führen – im Gegenteil: Die so unter Druck gesetzten Mitarbeiter reagieren in ihrem „inneren Unternehmen“ mit Bluthochdruck, der Stress schlägt auf den Magen-Darm-Trakt und die Anspannung und Arbeitsbelastung führen zu unerträglichen Nacken- und Rückenleiden und zu Depressionen. Immer häufiger berichten Menschen in Coaching-Sitzungen über Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen, Ohrgeräusche und depressive Verstimmungen.

Anstatt an den Symptomen einzelner Mitarbeitenden herumzudoktern, wäre es wirksamer, mit Abstand auf sich selbst und auf die Organisation zu schauen. Es geht dabei nicht um eine detaillierte Datenanalyse einer Momentaufnahme, sondern darum, ein ganzheitliches Bild zu erlangen, das mit jedem neuen Blick an Schärfe und Kontur gewinnt.

Versagen im zwischenmenschlichen Umgang

Viele Führungskräfte sind Opfer und Täter zugleich. Eine Studie der Talent-Management-Beratung Development-Dimensions-International (DDI) vom Februar 2012 macht deutlich: Führungskräfte im zwischenmenschlichen Umgang versagen. Ihnen fehlt es an Empathie für ihre Mitarbeitenden. Sie schenken den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter kaum Aufmerksamkeit. Besonders auffällig: Nach Aussage der Angestellten wollen über 50 Prozent der Führungskräfte Probleme lieber selbst lösen, statt die Mitarbeiter dabei zu unterstützen, eigenständige Lösungsansätze zu finden.

Wenn die Mitarbeitenden die teuersten Faktoren im Unternehmen sind, warum machen wir sie nicht wertvoller? Doch der innere Treibstoff für die Karriere ist nicht zu unterschätzen. Mitarbeiter treiben sich selbst an, in immer kürzerer Zeit immer noch mehr zu schaffen, bis sie selbst geschafft sind. Vor lauter Reizüberflutung läuft der Körper im Daueralarmzustand auf maximaler Drehzahl, um gerade noch den hohen Anforderungen gerecht werden zu können. Dabei spüren sich die Menschen selbst nicht mehr. Wer von sich selbst abgespalten ist, kann nicht bei sich sein.

Stress kann ein enormer „Energizer“ sein und Menschen – im positiven Sinn betrachtet – zu Höchstleistungen anspornen. Chronischer Stress dagegen ist häufig das Resultat von Spannungen und Druck. Die unternehmensimmanente Spannung kann dazu führen, dass Menschen sich aufreiben oder im System aufgerieben werden (Burnout und Wearout). Chronischer Stress, Überlastung und Überforderung beeinflussen das Verhalten der Menschen und führen zu Veränderungen des Systems im Unternehmen. Reflektorische Verspannungen führen auch zu einer Verhärtung im Team-Gewebe. Spannungskopfschmerzen, Nackenverspannungen und Rückenschmerzen bei den Mitarbeitern drücken sich auf Teamebene durch Mobbing, Wut und Aggression aus. In den Unternehmen führt dies zu Veränderungen der emotionalen Tragfähigkeit und der Leistungsfähigkeit. Die Verspannung der Nackenmuskulatur verhärtet auch die Emotionen und führt dazu, dass weniger Tränen vergossen werden. Im Unternehmen wird dies sichtbar an emotionslosen Dienstanweisungen und seelenlosen Prozessketten.

Was braucht es?

Echte Heilung bedeutet, sich so lange den unterschiedlichen Ebenen zuzuwenden, bis eine gemeinsame Lösung gefunden ist. Dies bedeutet in erster Linie wahrzunehmen und zuzuhören, was gerade ist. Das fängt bei den Mitarbeitenden an. Interessanterweise wächst das Bedürfnis nach Anerkennung in dem Maße, wie die eigene Leistungsfähigkeit abnimmt. Wichtig ist es, die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu hinterfragen. Im Unternehmen müssen Erwartungen und Ansprüche reflektiert werden.

Neugierig machen möchte ich Sie auf mein Buch „Gesunde Führung statt Burnout – Vom starren Organigramm zum lebendigen Organismus“.

 

Das Buch ist ein Wertpapier für die Zukunft und gibt einer neuen nachhaltigen Führungskultur wichtige innovative Impulse. Alle Kapitel sind – wie in all meinen Büchern – inhaltlich miteinander verwoben. Das Buch lässt sich sowohl von vorn nach hinten als auch quer lesen. Ein Seiteneinstieg oder ein lockerer „Seitensprung“ sind durchaus beabsichtigt und sollten nicht vermieden werden.

 

 

 

Ich wünsche Ihnen, dass Sie stark in Führung gehen, wenn es um eine echte Transformation geht. Und eine Kultur der Ermöglichung gestalten.

Wenn Sie möchten, dass ich auch Sie im Coaching begleite, dann schicken Sie mir bitte einfach eine e-mail. Ich rufe Sie dann an.

Danke, für’s Teilen.

Calm down. Stay cool and carry on!

Kreative Grüße – Ihr Jörg Schröder

 

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